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Johann Hinrich Wichern oder Der Adventskranz

Ole Vanhoefer

Startseite · Inhaltsverzeichnis · Rubrik: Kindergottesdienst · Autor: Ole Vanhoefer

An einem Sonntagmorgen versammelte sich die Familie Schnack am Frühstückstisch. Da waren Vater und Mutter Schnack und die Kinder Jessi und Kalle. Heute war ein ganz besonderer Sonntag. Auf dem Tisch stand ein großer Kranz aus Tannenzweigen mit vier großen Kerzen. Der erste Advent war da.

Kalle durfte als Jüngster die erste Kerze anzünden. Vorsichtig rieb er das Streichholz an der Schachtel und genauso vorsichtig zündete er die Kerze an. Er hatte heimlich mit seiner Schwester dafür geübt. Dann begann das Frühstück mit frischgebackenen Brötchen.

Mit nachdenklichem Gesicht hatte Kalle den Kranz während des ganzen Frühstücks betrachtet. Als sie fast fertig waren, fragte er plötzlich: "Warum zünden wir eigentlich eine Kerze am Adventskranz an?"

"Weil erster Advent ist", brummelt Jessi.

"Das weiß ich auch", sagte Kalle beleidigt. "Aber wer hat denn den Adventskranz erfunden?"

"Eine gute Frage", sagte der Vater. "Ich weiß es auch nicht. Weißt du etwas davon?", fragte er seine Frau.

"Nein, aber ich habe doch das große Weihnachtslexikon." Die Mutter stand auf und holte das Buch. Dann blätterte sie darin herum und las. Schließlich klappte sie das Buch zusammen und begann zu erzählen: "Das Ganze hat mit einem Johann Hinrich Wichern zu tun.

Der wurde Anfang des 19. Jahrhunderts, 1808, in Hamburg geboren. Er war der älteste Sohn und hatte noch sieben Geschwister. Sicherlich mußte er oft auf sie aufpassen. Er ist dann auch Erzieher geworden und hatte auch Theologie studiert. Das muß man studieren, wenn man Pastor werden will. Wichern war Lehrer an einer Hamburger Sonntagsschule. Früher mußten die Kinder in der Woche arbeiten um Geld zu verdienen und gingen am Sonntag in die Sonntagsschule.

Wichern kümmerte sich immer um seine Mitmenschen und ihm taten die armen Menschen und vor allem die armen Kinder leid, die oft ohne Eltern aufwachsen mußten. Da hörte er von einem Rettungshaus für Kinder und er beschloß auch eins aufzumachen. Aber dafür brauchte er ein Haus und vor allem viel, viel Geld.

Nach vielen Mühen und vielen Spenden war es schließlich soweit. Mit seiner Mutter, zwei Geschwistern und einigen Kindern zog er in ein Bauernhaus ein, genannt "dat ruge hus", auf Hochdeutsch "Das Rauhe Haus".

Hier konnten die Kinder in Familien mit Erwachsenen Leben. Es gab Werkstätten, wo die Kinder einen Beruf erlernen und sich selbst versorgen konnten. Nach und nach wuchs um das Bauernhaus ein richtiges Dorf heran. Aber die Kinder sollten nicht nur arbeiten. Johann Wichern legte Wert darauf, daß die Kinder sangen und beteten und ihnen von Gott und Jesus erzählt wurde.

Auch für die Menschen im "Rauhen Haus" war die Adventszeit eine ganz besondere Zeit. Und weil die Kinder immer fragten, wieviele Tage es noch bis Weihnachten wären, kam Johann Wichern auf die Idee und machte einen großen Holzkranz mit 19 dünnen weißen Kerzen und vier dicken roten Kerzen. Jeden Tag wurde eine Kerze angezündet und an Sonntagen die dicken roten Kerzen. So konnten die Kinder sehen, wieviele Tage es noch bis Weihnachten waren.

Heute besteht unser Adventskranz meistens aus Tannenzweigen und hat nur noch die vier dicken roten Kerzen für die Sonntage, aber immer noch zünden wir sie an und sehen, wieviele Sonntage es noch bis Weihnachten sind."

"Das muß toll ausgesehen haben, wenn am dunklen Morgen die Kerzen angezündet worden sind", meinte Jessi

"Das war ja wie ein Adventskalender", überlegte Kalle. "An dem kann ich auch sehen, wieviele Tage es noch bis Weihnachten sind. Aber in meinem ist Schokolade."

"Da scheinst du ja heute morgen schon viel Schokolade gegessen zu haben", sagte der Vater. "Du hast dein Brötchen noch nicht einmal bis zur Hälfte aufgegessen."

"Mhh, Mutti hat so schön erzählt", sagte Kalle und biß in das Brötchen. Was er allerdings danach sagte, konnte keiner mehr verstehen.

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